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Die Rolle der Rationalität in der Wissenschaft

Geschichtlich beginnt der Begriff der Rationalität sicherlich bereits mit dem `Logos' der Griechen, die gegenüber den vorherigen mythischen Betrachtungen die Welt als der Vernunft erschließbar postulierten. In seiner heutigen Form ist der Begriff der Rationalität allerdings erst entscheidend durch René Descartes geprägt worden. Descartes stellte den Begriff der Ratio allen anderen Aspekten (z.B. Ästhetik) voran; ausgehend von dem Erfolg mathematischer Betrachtungen begründete er eine Methode, die den Zweifel als Strukturprinzip erhebt und eine Unterteilung aller Probleme in Teilprobleme soweit anstrebt, als bis diese Teilprobleme sich als anzweiflungsfrei überschaubar und lösbar erweisen.10
Die Verwendung einer solchen Rationalität läßt sich also idealerweise auf elementare Logik reduzieren und erweist sich vor allem in formalen Systemen als notwendig und hinreichend. Rationalität ist die Basis aller Wissenschaft, es lohnt sich aber auch, ihre Auswirkungen auf die moderne Gesellschaft als Ganze zu betrachten: Die heutige Informationstechnologie ist gekennzeichnet durch die Abbildung realer Strukturen in sog. `virtuelle'. Diese virtuellen Strukturen, also z.B. Computerprogramme, Logik von Mikroschaltkreisen etc. gehorchen allein diesem rationalistischen Prinzip: Unterteilung in Teilbereiche, Reduktion komplexer Probleme auf triviale, Berufung allein auf logische Operationen. Ein Beispiel zeigt das bereits erreichte Ausmaß auf: Ein Mitarbeiter in einem Betrieb wird in einem Computer-Netzwerk typischerweise auf eine Sammlung von Daten, Zugriffsrechte und Aktionen in diesem Netzwerk abgebildet. Seine Handlungen lassen sich, sofern sie sich auf dieses Netzwerk beziehen, komplett auf Ströme in Halbleitern und Magnetfeldänderungen auf Datenträgern reduzieren, die allesamt rational verarbeitbare Vorgänge darstellen. Der praktische Erfolg eines derart geprägten Rationalismusverständnisses fordert die Frage nach seinen Grenzen heraus: Was läßt sich nach der `rationalen Methode' nicht analysieren oder synthetisieren? Es ist klar, daß sich diese Frage von einem emotionalen Standpunkt sehr leicht beantworten läßt. Wir wollen aber die Grenzen des Rationalen unter möglichst rationalen Gesichtspunkten abtasten. Diese Vorgehensweise hat einen argumentativ höheren Wert, da sie am ehesten die Anhänger des Rationalismus11 von dessen Unvollständigkeit überzeugen dürfte. Das Ergebnis dieser Betrachtung wird ebenso wie die Habermassche Argumentation auf den gesellschaftlich komplementären Aspekt - die Kommunikation - überleiten.


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Tim Paehler
1999-03-23