II Experimente mit dem Kreisel

 

II.1 Die Kreiselmodelle

 

II.1.1 Das Gyroskop

 

Auf einem in der Neigung verstellbaren Stativ ist die vertikale Drehachse um ihre Symmetrieachse drehbar gelagert. Am oberen Ende der vertikalen Drehachse befindet sich eine weitere Lagerung: die "Wippe" der Figurenachse. Auf der Figurenachse können eine oder zwei Kreiselscheiben montiert werden, deren Masse auf der anderen Seite der Wippe gekontert wird, um den Schwerpunkt der Figurenachse incl. Kreiselscheibe(n) und Gewichten in die Drehachse der Wippe zu verlagern.

An der Kreiselscheibe befindet sich eine Spule, über die ein Faden aufgewickelt werden kann. Nun können mit Hilfe einer Massenhalterung verschiedene Gewichte an den Faden gehängt werden und so die Kreiselscheibe mit bekannter Energie beschleunigt werden.

 

Auf diese Weise erhält man einen kräftefreien Kreisel. Nun können Gewichte in einem bestimmten Abstand a zur Drehachse der Wippe (Schwerpunkt) auf Schrauben aufgesteckt werden, so daß ein bekanntes Drehmoment auf diesen wirkt.

 

Alle Teile des Gerätes sind gut erreichbar, so daß ein Bewegen bzw. Drehen, Abbremsen oder Beschleunigen sämtlicher Achsen per Hand im Betrieb möglich ist. So können alle "Ausweichbewegungen" und auch die Effekte der Reibung des Kreisels per Hand simuliert und die Auswirkungen beobachtet werden. So bewirkt etwa ein leichtes Abbremsen des präzessierenden Kreisels an der vertikalen Drehachse eine Zunahme des Öffnungswinkels q .

 

Aufgrund der geringen Reibung des Gerätes lassen sich alle Kreiselbewegungen -auch über längere Zeit- sehr genau betrachten und messen:

mit Massensatz, Massenhalterung, Stoppuhr, Schnur, Schieblehre und Zollstock.

 

Eine Winkelskala an der Wippe ermöglicht die Ablesung der Winkelstellung der z-Achse und somit von Öffnungswinkeln.

 

Die Abmessungen entnehmen Sie bitte dem Kapitel II.3 "Berechnung der Trägheitsmomente des Gyroskops". Weitere Angaben zum Gyroskop finden Sie in Kapitel II.4 "Protokoll und Auswertung".

 

 

II.1.2 Der oblate Kreisel

 

Der von mir konstruierte oblate Kreisel besteht im wesentlichen aus einer Stahlplatte, die zentriert auf einer Nadel gelagert ist. Der Auflagepunkt ist durch ein Gewinde in der Höhe verstellbar, so daß der Kreisel kräftefrei oder mit positiv oder negativ wirkender Schwerkraft betrieben werden kann.

 

Maße des oblaten Kreisels:

 

H = (35,0 ± 0,1) cm R = (13,93 ± 0,01)cm D = (1,12 ± 0,01)cm

rP = (3,49 ± 0,01) cm hM = (3,41 ± 0,01) cm rM = (0,75 ± 0,01) cm

rR = (0,45 ± 0,01) cm hML = (0,5 ± 0,05) cm

MPlatte = (5405 ± 1)g mRest = (87,5 ± 1)g

 

Für Messungen ist das prolate Gyroskop der Firma PASCO aufgrund seiner hervorragenden Reibungseigenschaften und der absoluten Symmetrie (keine Unwucht) vorzuziehen.

Beim Gyroskop können die Hauptträgheitsmomente auf verschiedenste Art und Weise bestimmt werden. Hier wäre neben der mathematischen Berechnung lediglich die Messung des Trägheitsmomentes um die Figurenachse Iz anhand einer Drehschwingung durchführbar.

 

Der große Vorteil des oblaten Kreisels besteht darin, daß bei der Nutation die momentane Drehachse mit Hilfe einer Farbscheibe sichtbar gemacht werden kann. Aufgrund der Unwucht des Kreisels ist die momentane Drehachse nur bei sehr großen Winkelgeschwindigkeiten sichtbar, was eine direkte Beobachtung der relativen Lage von Figurenachse und momentaner Drehachse in bezug auf die Impulsachse unmöglich macht. Ich habe die Nutation des Kreisels mit einer Videokamera gefilmt. Bei der Wiedergabe in Zeitlupe ist aufgrund der Bewegungsunschärfe der Kamera die Lage der momentanen Drehachse deutlich zu sehen: sie befindet sich auf der der Figurenachse gegenüberliegenden Seite der Impulsachse!

Da die Masse der Stahlplatte MPlatte = (5405 ± 1)g viel größer ist, als die Masse der Stange und der übrigen Bauteile. mRest = (87,5 ± 1)g, berechne ich in Näherung lediglich die Hauptträgheitsmomente der Stahlplatte

Iz =MPlatte R2 / 2 = 52,44 gm2 und I2 = MPlatte R2 / 4 =26,22 gm2.